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FMA & APAB: Enge Zusammenarbeit auch bei den neuen Themen ESG, CSRD und CSDDD – für einen nachhaltigen Finanzmarkt

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„Ein enges und gut akkordiertes Zusammenspiel von allen Prüfungs- und Aufsichtsorganen sind der Schlüssel zu guter Governance“, stellten Peter Hofbauer, Vorstandssprecher der Abschlussprüferaufsichtsbehörde ABAP, und Michael Hysek, Bereichsleiter Bankenaufsicht der Finanzmarktaufsichtsbehörde FMA, anlässlich einer hochkarätig besetzten Onlinekonferenz im Zuge ihrer 2021 gemeinsam ins Leben gerufenen Dialog-Initiative übereinstimmend fest. Mehr als 350 Aufsichtsräte von Unternehmen im öffentlichen Interesse[1] (PIE – Public Interest Entities) nutzten diese Gelegenheit, sich über die aktuellen Entwicklungen und Herausforderungen in Sachen Corporate Governance, Fit & Properness von Aufsichtsratsmitgliedern sowie die Zusammenarbeit zwischen Aufsicht, Abschlussprüfern und Prüfungsausschüssen zu informieren. Ein besonderer Schwerpunkt lag dabei auf dem Management von Nachhaltigkeitsrisiken, den sogenannten ESG-Faktoren (Environment, Social and Governance), sowie den neuen Prüf- und Berichtspflichten zur Nachhaltigkeitsberichterstattung gemäß der EU-Nachhaltigkeitsberichterstattungsrichtlinie CSRD[2] sowie der kommenden EU-Lieferkettenregulierung CSDDD[3]. Abschlussprüfer, Finanzmarktaufsicht und Aufsichtsräte – insbesondere deren Prüfungsausschüsse – seien hier besonders gefordert, so Hofbauer und Hysek.

Zusammenarbeit stärkt die Governance

Universitätsprofessorin Anne D’Arcy vom Institut für Corporate Governance an der WU Wien arbeitete in ihrer Keynote die besondere Verantwortung der Prüfungsausschüsse von Aufsichtsräten heraus und ermunterte, „die richtigen Fragen zu stellen“. Sie verwies dabei auf ein 3-Ebenen-Modell, wonach die Rollen innerhalb des Prüfungsausschusses in Abhängigkeit von den spezifischen Risiken der Organisation und den jeweiligen regulatorischen Herausforderungen zu definieren seien. Damit könne auch besser auf neue Themen wie ESG -Reporting eingegangen werden. D’Arcy: „Die ESG -Berichterstattung erfordert eine neue Qualität der Informationsverarbeitung. Hier geht es nicht mehr nur um Finanzinformationen, sondern auch um externe Faktoren, die nicht direkt beeinflusst werden können.“ Weiters erforderten die neuen Lieferkettenvorschriften (CSDDD) zusätzliche Sorgfaltspflichten der Kontrollgremien bei Umwelt- und Menschenrechtsthemen. D’Arcy: „Der Prüfungsausschuss muss einen Prozess sicherstellen, der das System wirksam überprüfen kann.“ Dazu solle sich der Prüfungsausschuss nicht nur auf die Aussagen des Vorstandes verlassen, sondern auch direkt auf Mitarbeitende sowie Expertinnen und Experten auch außerhalb der Organisation zugehen. D’Arcy: „Schauen Sie sich die Wirksamkeit der internen Governance gut an. Stellen Sie Fragen und seien Sie neugierig. Erzählt man Ihnen, was funktioniert und – vor allem – was nicht funktioniert? Werden Themen wie der Klimawandel berücksichtigt und darin nicht nur Risiken, sondern auch Chancen gesehen? Wird eventuell ein Umbau des Geschäftsmodells in Erwägung gezogen?“

Fit & Proper als Basis einer funktionierenden Governance

Elisabeth Schadler-Liebl, Teamleiterin in der Versicherungsaufsicht der FMA , und Daniela Jaros, stellvertretende Abteilungsleiterin Bankenaufsicht FMA , skizzierten in der Folge den Zugang der Finanzmarktaufsicht zu Governance und Fit & Properness. Schadler-Liebl widmete sich der Problematik von Interessenskonflikten in der Governance von Versicherungen. „Wenngleich keine Legaldefinition vorliegt, gibt es eine Arbeitsdefinition. Demnach ist klar zu prüfen, ob Interessenskonflikte vorliegen, und es ist entsprechend zu handeln.“ Die Handlungsoptionen sind Erkennen und Auflösen oder Mitigieren des Interessenskonflikts. Kann der Konflikt nicht beseitigt werden, ist die Funktion zurücklegen, stellte Schadler-Liebl unmissverständlich klar.

Hier gebe es auch klare Erwartungen der FMA , wie Versicherungsgesellschaften dies zu regeln haben. „Interessenkonflikte sind oft an unterschiedlichen Orten geregelt. Seitens der FMA wird hier eine Gesamtschau erwartet. Ebenso muss sich der Aufsichtsrat diesen Regelungen unterwerfen. Ein guter Platz dafür ist die Geschäftsordnung“, erklärte die FMA -Expertin. Bezüglich der Zusammensetzung des Aufsichtsrats betonte Schadler-Liebl die Bedeutung der „kollektiven Eignung“, wonach eine sachlich ausgewogene Zusammensetzung des Aufsichtsrats in einer Gesamtschau gegeben sein solle. Spezifische fachliche Anforderungen seien ebenso darzulegen, wobei über die Wiederholung des Gesetzestextes hinauszugehen sei. Die Tätigkeiten des Aufsichtsrats seien zu dokumentieren, um nachvollziehen zu können, „ob man sich mit den Themen beschäftigt hat“.

FMA -Banken-Expertin Daniela Jaros betonte die große Bedeutung von Fit & Properness bei Personen, die Schlüsselfunktionen einnehmen. Sie sei die Basis für eine funktionierende Governance. Dazu hat die FMA im März 2023 ein Rundschreiben veröffentlicht, das in einem neuen Kapitel Konzept, Anforderungen und Ablauf des Fit & Proper-Tests darlegt. Neben der transparenten Darstellung der Testmethodologie wird darin explizit festgehalten, dass die Fit & Properness nicht nur bei Funktionsantritt nachzuweisen ist, sondern auch während der gesamten laufenden Funktionsperiode gegeben sein müsse. Die FMA führe daher selbst bei langjähriger Tätigkeit auch stichprobenartig Re-Checks durch, und zwar anlassbezogen, per Zufallsgenerator ausgewählt oder aufgrund risikobasierter Faktoren. Das Risikospektrum, das im Rahmen von Fit & Proper-Tests behandelt wird, deckt neuerdings auch Nachhaltigkeits- sowie Informations- und Kommunikationstechnologie-Risiken (ESG – und IKT -Faktoren) ab.

Inspektionsberichte der APAB für Prüfungsausschüsse offenlegen

Michael Komarek, Vorstand der APAB , berichtete in seiner Keynote über wesentliche Erkenntnisse und Hinweise aus der Aufsichtstätigkeit der APAB . Er betonte in seinem Referat u. a. wie wichtig gute Kommunikation des Prüfungsausschusses mit dem Abschlussprüfer sei. „Der Abschlussprüfer hat tiefe Einblicke in das Unternehmen, nutzen Sie diese“, so Komarek. Eine Qualitätsüberprüfung der Arbeit von Abschlussprüfern erfolgt durch die APAB im Zuge von Inspektionen. Komarek: „Unsere Inspektionen, bei denen die Arbeit der Prüferinnen und Prüfer bewertet wird, dienen der kontinuierlichen Verbesserung der Abschlussprüfungen. Allerdings sind die Ergebnisse der Inspektionen nicht öffentlich. Prüfungsausschüsse haben keinen Zugang zu unseren Berichten.“ Vor diesem Hintergrund befürwortet Komarek, dass Prüfungsausschüsse zumindest über wesentliche in den Inspektionen festgestellte Mängel bei der Abschlussprüfung ihrer Unternehmen informiert werden.

Kritische Erfolgsfaktoren zur Stärkung von Corporate Governance

Abschließend diskutierten APAB -Sprecher Peter Hofbauer und FMA -Bankenaufseher Michael Hysek mit der Wirtschaftswissenschafterin Anne D´Arcy sowie der Wirtschaftsprüferin und Aufsichtsrätin Christine Catasta und dem Wirtschaftsprüfer und Aufsichtsrat Gerhard Schwartz die kritischen Erfolgsfaktoren zur Stärkung der Corporate Governance und Zusammenarbeit mit Abschlussprüfern aus praktischer Sicht. Anne D’Arcy forderte dabei, Governance als dynamisches System zu sehen, das regelmäßig den entsprechenden Umfeldbedingungen angepasst werden müsse. „Von den zu prüfenden Unternehmen wird Agilität erwartet. Umgekehrt muss auch im Kontrollgremium Agilität gewährleistet sein“, so D‘Arcy. Dazu empfahl D’Arcy hinsichtlich der Besetzung von Aufsichtsräten und Prüfungsausschüssen „weniger in Personen, sondern in Anforderungsprofilen zu denken“. Christine Catasta und Gerhard Schwartz forderten eine gute Kenntnis des Netzwerks der Abschlussprüfer ein, deren fachliche und persönliche Qualifikation, bisherige Branchenerfahrungen und die Interaktion mit anderen Prüfern seien besonders wichtig. Schwarz betonte zudem die Bedeutung des direkten Zugangs von Prüfungsausschuss-Mitgliedern zu dem Vorstand nachgelagerten Ebenen, um sich ein umfassendes Bild aus verschiedensten Perspektiven machen zu können. Catasta ermutigte dazu, in der Rolle der Vorsitzenden von Prüfungsausschüssen ausreichend Zeit für den Austausch mit den Leitenden von Interner Revision, Risikomanagement und Rechnungswesen vorzusehen. Dies erlaube gute Einblicke, wie tatsächlich im Unternehmen gearbeitet werde.

Kritischen Prüfungssachverhalten, sogenannten Key Audit Matters (KAMs), sollte besonderes Augenmerk gewidmet und im Detail zwischen Abschlussprüfern und Prüfungsausschuss diskutiert werden. Die (Vorab)Genehmigung von Nichtprüfungsleistungen sollte idealerweise nicht anhand einer Betragsgrenze erfolgen, sondern gestaffelt nach Leistungskategorien. Wünschenswert wäre zudem die Mitsprachemöglichkeit bei der Nachbesetzung von Unternehmensorganen, was jedoch in der Praxis noch kaum der Fall wäre.

Rückfragehinweis für Journalisten:

APAB

edith holzer communications
+43 (0)664 124 03 62
[email protected]

FMA

Klaus Grubelnik
+43 (0)1 249 59 – 6006
+43 (0)676 – 88 249 516
[email protected]


[1] Unternehmen von öffentlichem Interesse („public interest entities“, so genannte „PIEs“) sind solche, deren übertragbare Wertpapiere zum Handel auf einem geregelten Markt zugelassen sind, Kreditinstitute, Versicherungen sowie Unternehmen, die unabhängig von ihrer Rechtsform in einem Bundesgesetz als solche bezeichnet werden (§ 189a Z 1 UGB ).

[2]Richtlinie (EU) 2022/2464 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 14. Dezember 2022 zur Änderung der Verordnung (EU) Nr. 537/2014 und der Richtlinien 2004/109/EG, 2006/43/EG und 2013/34/EU hinsichtlich der Nachhaltigkeitsberichterstattung von Unternehmen

[3] Vorschlag für eine RICHTLINIE DES EUROPÄISCHEN PARLAMENTS UND DES RATES über die Sorgfaltspflichten von Unternehmen im Hinblick auf Nachhaltigkeit und zur Änderung der Richtlinie (EU) 2019/1937

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